Quelle: Wetterauer Zeitung · Artikel von Hedwig Rohde

Bad Nauheim (doe). Schattenplätze sind beim 42. Internationalen Fest am Sonntag in der Trinkkuranlage Trumpf gewesen, und manch eine oder einer hat sich angesichts der großen Hitze gar nicht oder erst am späteren Nachmittag auf den Weg zur Traditionsveranstaltung gemacht. Hunderte indes kamen und genossen in der Trinkkuranlage wie üblich einen bunten abwechslungsreichen Tag bei Leckereien, Musik und Tänzen aus vieler Herren Länder.
Die Ansprachen am Anfang sparten die aktuellen Krisen nicht aus.
Vor zehn Tagen aus Iran gekommen
Mit einer bewegenden Rede eröffnete die gebürtige Iranerin Mahvash Bakhtiari, seit Jahren bewährte Moderatorin des Festes, die Veranstaltung. »Vor nur zehn Tagen ist es mir gelungen, mitten in den Bombardierungen in Teheran über Landwege das Land zu verlassen. Der Schmerz, die Angst und die Abschiede sind noch frisch – und doch stehe ich heute hier, mit offenem Herzen. In Iran sagt man:› Die Augen haben Angst, aber die Füße gehen weiter‹«, sagte Bakhtiari. Sie habe Angst gehabt, aus dem Fenster zu schauen, Angst, vor dem, was dort zu sehen und zu hören war. Zurück in Frankfurt habe sie eine Spaltung in sich gespürt: »Mein Körper ist hier – aber meine Seele, mein Herz, sind dort geblieben.«
Die aktuelle Situation mit gleich mehreren kriegerischen Konflikten in Nahost und einer Tendenz zur Abschottung in Europa zog sich wie ein roter Faden durch die weiteren Ansprachen. Der Traum von einem grenzenlosen Europa sei nach dem Zweiten Weltkrieg von einer ganzen Generation geträumt worden, erinnerte sich die Vorsitzende des Internationalen Clubs Bad Nauheim, Ursel Leichtweiß. Heute müsse man sich kritisch eingestehen: »Es wäre eine grenzenlose Einfalt zu denken, es gäbe irgendwann eine Welt ganz ohne Grenzen.« Im Gegenteil zeige die bedrückende Gegenwart die zunehmende Herrschaft von Autokraten auch in Teilen Europas und den USA.
Der Aufgabe, den Belangen der hier lebenden Ausländer zu angemessener Berücksichtigung zu verhelfen, Fremdenfeindlichkeit und Ungleichbehandlung entgegenzuwirken, stelle sich der Internationale Club Bad Nauheim seit über 40 Jahren, hob Stadtverordnetenvorsteher Oliver von Massow hervor. Sichtbares Zeichen dafür sei das Internationale Fest. Die Zusammenarbeit verschiedener Gesellschaften, Kulturen und Interessengruppen habe in Bad Nauheim Tradition und werde nicht nur durch den Internationalen Club verkörpert, sondern auch durch den Ausländerbeirat sowie das Bündnis »Demokratie schützen«.
Eintreten gegen Hass und Intoleranz
»Die Konflikte weltweit, von denen manche scheinbar aus dem Nichts heraus eskalieren, führen uns krass vor Augen, wie brüchig soziales Miteinander sein kann, wie schnell aus Freundschaft oder wenigstens Duldung Hass und Feindschaft werden können«, betonte Bürgermeister Klaus Kreß. Umso wichtiger sei es, dass jede und jeder an seinem Platz tagtäglich eintrete gegen Hass und Intoleranz, gegen Ausgrenzung und Unterdrückung, für ein friedliches Miteinander von Menschen unabhängig von Nationalität, Hautfarbe oder Religion. »Wie ein solches Miteinander funktionieren kann, sehen wir seit Jahrzehnten auch im Mikrokosmos unserer kleinen Stadt«, lobte Kreß.
Erste Attraktion war Dudelsackpfeifer Mark Schwerzel, der stilecht im Schottenrock seine Runden durch die Anlage drehte und zum beliebten Selfie-Motiv wurde. Es folgte eine ganze Reihe von Tänzen aus der Ukraine (Ukraine-Rat), vom Alternativen Tanzclub, von den Philippinen (Philippinische Gruppe Bad Nauheim), von den Vereinen »KuBiKi« und »Arena Latina«, nicht nur wegen der tänzerischen Darbietung, sondern auch wegen der schönen Kostüme sehenswert und viel beklatscht vom Publikum.
Mit deutschen Schlagern erfreute die Bad Nauheimer Sängerin Marie Winter, bevor weitere Tänze (Li-Dance unter der Leitung von Lydia Kolepp und vom Griechischen Verein Wetterau) die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Italienische Musik mit Nico & Pepe, ein indonesischer Tanz (Nusantara) und tatarische Volkslieder (Hanim e.V.) leiteten über zum abschließenden Auftritt der Soulsängerin Pamela O’Neal, die einen fulminanten Schlussakkord setzte.
Dann hieß es für alle: zusammenräumen und sich freuen auf das 43. Internationale Fest am 14. Juni 2026.